klartext Geschrieben 15. Mai 2007 Teilen Geschrieben 15. Mai 2007 Die Leistungen von uns österreichischen Fußballgranden werden derzeit leider völlig verzerrt dargestellt. Letztens im Casino – ich entschied mich für diese Abendgestaltung voller Charme und Chancen, weil es doch zu feiern galt, dass wir aufgrund eines dramatischen Eigentores in der Nachspielzeit das ewig junge Derby gegen den SC Espresso Susi Transporte Speckbacher Blow Up-Investments Ltd. nur 1:4 verloren hatten – passierte etwas Unglaubliches. Nachdem ich beim Roulette dreimal hintereinander 50.000 Euro auf Null gesetzt und verloren hatte, probierte ich es ein viertes Mal. Und siehe da: Es kam die 18. Nun bin ich wahrlich kein Mathematiker, sondern nur ein normaler österreichischer Fußballpräsident, da brauch ich mich ja an sich mit Zahlen nicht groß auskennen. Aber in dem Fall muss man echt kein Genie in der Wahrscheinlichkeitsrechnung sein, dass man sich mit Fug und Recht fragt: Wie viel Pech kann ein Mensch eigentlich haben? Ein bissl erinnert mich das an diese eine Saison – ich weiß jetzt nicht mehr genau, ob es die nach dem zweiten oder dritten Zwangsausgleich war –, als wir beim Budget 20 Millionen Euro für das Erreichen des Champions-League-Halbfinales schon fix als Einnahmen verbucht hatten. Sie sehen, wie vorsichtig bei uns gewirtschaftet wird, wir hätten ja genauso gut das Finale einplanen können. Der Vesely aus unserem VIP-Club, der in den Siebzigern bei der Admira fast einmal in die Reserve gekommen wär, der also wirklich was vom Kicken versteht, der meinte damals noch, das schaffen wir locker, und wir sollen nicht immer solche Nudeldrucker sein, weil in Barcelona und Manchester kochen sie ja auch nur mit Wasser. Aber nicht mit mir. Ich mein, ich hab ja eine Verantwortung auch. Die musste dann aber klarerweise der Trainer übernehmen, wie wir in der ersten Quali-Runde gegen diese unheimlich giftigen Georgier rausgeflogen sind. Es war zwar knapp, und die Statistik aus beiden Spielen zeigte deutlich, dass wir eine wirklich eklatante Überlegenheit hatten. Bei den Abstößen. Aber trotzdem, da kann man den Trainer natürlich nicht schonen. Der ist dann eineinhalb Jahre spazieren gegangen. Schon bei vollen Bezügen, klar. Aber wehgetan muss ihm das trotzdem haben. Das alles war dann natürlich schon ein bisserl ein Problem finanziell. Ich mein, an sich sind unsere Vereinsfinanzen beim Sohn unseres Zeugwarts in guten Händen. Der Kerl geht jetzt schon in die dritte Klasse, Gott, wie die Zeit vergeht! Und er beherrscht auf der Playstation dieses Fußball-Manager-Spiel wie kein Zweiter, da wird einem schwindlig vom Zuschauen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich ihm zu seinem siebten Geburtstag quasi den Kapitän der Nationalmannschaft von Kamerun geschenkt habe. Also, nicht auf der Playstation. In echt. Gut, es war der frühere Kapitän. Von der Juniorennationalmannschaft. Aber mit 38 im besten Fußballeralter – und nicht einmal so teuer. Er ist dann auch in der einen Halbzeit, bis ihm wieder eingefallen ist, dass er diesen irreparablen Knorpelschaden hat, kein einziges Mal im Abseits gestanden. War ein toller Spieler. Und dadurch, dass ich gleich einen Vierjahresvertrag mit ihm gemacht hab – sein Manager wollte eigentlich sechs Jahre, aber, hey, ich bin doch nicht deppert –, hat er sich jetzt seinen Traum erfüllen können und in Kamerun eine kleine Provinz gekauft. Ungefähr so groß wie Frankreich. Nachdem meine an sich hervorragende Idee zur Lösung unseres kleinen Engpasses unerklärlicherweise auch nicht aufging – damals kam die 32, und dann war leider die Kohle für die Krankenkassa und das Finanzamt auch noch weg –, meldete sich zum Glück so ein nigerianischer Prinz per Mail bei mir, der nur eine kleine Anzahlung brauchte, so eine Mille oder was, um uns dann später 40 zurückzuzahlen. Endlich einmal ein seriöses Angebot, nicht so eine dubiose Geschichte wie der Scheich, der einmal bei uns einsteigen wollte. Ich bin gleich auf die Bank und hab den Kredit aufgestockt und überwiesen. Die Rückzahlung ist zwar immer noch nicht da, aber mit einem solchen Sponsorvertrag im Rücken haben wir die Bundesliga-Lizenz natürlich ganz leicht gekriegt und dann auch gleich einmal die Mannschaft auf 17 Positionen verstärkt. Schade nur, dass die Stadt nicht mitziehen wollte. Da bietet man der Jugend was, sorgt dafür, dass sie sich von Drogen fernhält – aber kaum will man zehn, zwölf Mille Subvention, schreien gleich alle, dass man sicher kein Steuergeld in die Hand nimmt. Zum Glück gibt es wenigstens einen kreativen Landeshauptmann, zu dem bin ich dann übersiedelt mit dem ganzen Verein. Ich mein, ich als Vollprofi lass mich doch von diesen Amateuren nicht papierln. Und auch, dass Sie mir dann 74 Punkte abgezogen haben und ich im Moment nur in der Gebietsliga spiel, kann mich auf Dauer nicht aufhalten. Unsere Mannschaft hat Zukunft. Und ich hab noch ein paar tolle neue Legionäre in Aussicht. Wenn der nächste Zwangsausgleich durch ist und ich wieder draußen bin, können sich aber bitte alle anschnallen. Denn wie gesagt: In Barcelona und Manchester kochen sie auch nur mit Wasser. Und irgendwann einmal wird die Null schon kommen. (Profil) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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